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Berlin: Wedding
Völklinger Hütte
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Zu den verborgenen Wieslocher
Schätzen zählt der jüdische Friedhof. Es handelt
sich um einen im ländlichen Gebiet seinerzeit üblichen
sog. Verbandsfriedhof. Dies bedeutet, daß der Friedhof als
letzte Ruhestätte der Juden eines von der Verwaltung
bestimmten Gemeindeverbands diente, dessen Gebiet an den
Rändern durch folgende Gemeinden markiert wurde: Im Norden bis
Rohrbach (heute der südlichste Heidelberger Stadtteil), im
Osten bis Meckesheim, im Süden bis Wiesloch und im Westen bis
Schwetzingen, Ketsch und Hockenheim, also fast bis an den Rhein.
Dieser Verband hatte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Bestand: Bis
zu diesem Zeitpunkt hatten die beteiligten jüdischen Gemeinden
jeweils ortsnahe eigene Friedhöfe einrichten können - was
umso mehr erforderlich war, als die Kapazität des Wieslocher
Friedhofs trotz mehrerer Erweiterungen längst nicht mehr
ausreichte.
Der älteste erhaltene
Grabstein stammt von 1670, die letzte Bestattung fand im April 1939
statt. Die prominentesten Verstorbenen auf dem Wieslocher Friedhof
sind mehrere Mitglieder der Leimener Handels- und Bankiersfamilie
Seligmann, deren Stadtpalais heute als Leimener Rathaus dient. Die
Bedeutung dieser Familie geht insbesondere auf die Brüder
Ahron (gest. 12. 3. 1773) und Eli Seligmann (gest. 17. 7. 1777)
zurück, die durch Aktivitäten im Salzhandel und als
Geldverleiher den Reichtum des Hauses entscheidend mehrten.
Hierdurch war es ihnen und ihren Nachkommen möglich, als
Finanziers der kurpfälzischen, später auch der
bayerischen Regierung aufzutreten (Aron Elias Seligmann etwa im
Range eines Königlich Bayerischen Hofbankiers und 1814
geadelt).
Der jüdische Friedhof zu
Wiesloch weist eine Besonderheit auf, die auf die anhaltenden
Kapazitätsprobleme hindeutet: In der linken Bildhälfte
ist eine deutliche Erhebung zu erkennen, die sich in Blickrichtung
quer durch den Friedhof zieht, während das Gelände nach
rechts hin abfällt. Es handelt sich hierbei mit
größter Wahrscheinlichkeit um eine künstliche
Aufschüttung, die über einem bereits belegten
Gräberfeld aufgebracht wurde, um innerhalb des
Friedhofsgeländes weitere Bestattungen vornehmen zu
können. Auch wenn dies nach christlichem Verständnis
schockierend klingt, war es doch angesichts des nicht mehr
erweiterbaren Geländes die einzige Möglichkeit, weiterhin
Bestattungen durchzuführen: Denn nach jüdischem Ritus ist
die Ruhe der Verstorbenen unantastbar, eine Umbettung oder gar
Aufhebung von Gräbern schlicht undenkbar. Das
Übereinanderschichten von Gräbern wäre insoweit als
das kleinere Übel anzusehen gewesen.
Der Friedhof ist ummauert und normalerweise verschlossen. Es ist
jedoch möglich, das Gelände von der
Fußgängerbrücke aus einzusehen, die am Gebäude
der Feuerwehr über die Baiertaler Straße führt.
Weitere Informationen zu den Seligmanns finden sich hier:
Spuren
der jüdisch-christlichen Bankiersfamilie
Seligmann-Eichthal auf dem Alten Südlichen Friedhof in
München
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