Home
Bamberg
Wiesloch
Berlin: Wedding
Völklinger Hütte
Galerie
Seite 1
Seite 2
Seite 3
Seite 4
|
Der Verhüttungsprozeß, bei dem
im Hochofen das im Erz gebundene Eisen aus dem Gestein gelöst
wird, vollzieht sich bei Temperaturen von etwa 1250 bis
1450 °C. Um solch hohe Temperaturen zu erzielen, reicht
die einfache Koksverfeuerung im Ofen nicht aus: Zusätzlich
wird in den Ofen unter hohem Druck von rund 4 bis 5 bar
Heißwind eingeblasen, der von unten die brennende Koksschicht
durchströmt und so dazu beiträgt, die benötigten
Temperaturen zu erreichen.
Das Bild zeigt zwei Winderhitzertürme, die sich (gemeinsam mit
einem dritten, hier nicht sichtbaren) die Arbeit des
Heizens für einen Hochofen teilen; alle
Völklinger Öfen verfügen über eine solche
Dreiergruppe von Winderhitzern.
Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Cowper-Winderhitzung.
Sie ist benannt nach ihrem Erfinder Edgar Alfred Cowper
(1819-1893), einem Mitarbeiter von Wilhelm Siemens (1823-1883). Das
Prinzip einer solchen Anlage beruht darauf, zwei voneinander
getrennt geführte Luft- bzw. Gasströme einem gemeinsamem
Zweck unterzuordnen. Dabei werden zunächst heiße Gase
durch einen der Erhitzer geleitet, dessen Inneres sich dadurch
aufheizt. Anschließend wird die Heizgaszufuhr beendet und
stattdessen die zu erhitzende Luft durch den Erhitzer hindurch zu
ihrer Bestimmung — dem Hochofen — geführt. In der
Zwischenzeit wird das Heizgas dem benachbarten Erhitzer
zugeführt. Hat sich der erste Turm durch die
hindurchgeführte Luft zu weit abgekühlt, wird der Vorgang
mit vertauschten Rollen auf den anderen Erhitzer umgeleitet usw.
Durch Erweiterung einer solchen Luftheizung um weitere Erhitzer
erreicht man eine Verkürzung der Luftdurchlaufphase pro
Erhitzer, so daß der allmähliche Wärmeverlust
geringer wird und die zu heizende Luft auf gleichmäßig
hoher Temperatur bleibt.
Das zum Aufheizen der Cowper-Türme
verwendete Gas entnimmt man naheliegenderweise den Hochöfen
selbst, da ja durch den Verhüttungsprozeß ständig
große Mengen an heißem Verbrennungsgas erzeugt werden
(sog. Gichtgas), das im Bereich der Gicht (dem oberen Ende des
Hochofens) über Rohre abgegriffen wird. Es findet also ein
regelrechtes Energie-Recycling statt, da die bei der Verbrennung
entstehende Abwärme nicht einfach verlorengeht, sondern als
Prozeßwärme neu in den Kreislauf eingespeist wird.
Erwähnenswert ist, daß die so erzielte Hitze im Hochofen
von weit über 1000 °C eigentlich immer noch zu "kalt"
ist, um das Eisen schmelzen zu können, denn der
Eisenschmelzpunkt liegt bei 1536 °C. Daß der
Prozeß dennoch funktioniert, liegt daran, daß durch die
im Ofen herrschende Hitze die ebenfalls im Erz vorhandenen Elemente
Calcium, Mangan, Silizium, Phosphor und Schwefel freiwerden und den
Schmelzpunkt des Eisens auf ca. 1100 °C herabsetzen.
Das zum Heizen verwendete Gichtgas ist mit
einer nicht unerheblichen Menge von Verbrennungsstaub durchsetzt.
In der Frühphase des Cowper-Verfahrens in der Mitte des 19.
Jahrhunderts führte dies zu regelmäßig
wiederkehrenden Zusammenbrüchen des Heizsystems, da die
Wärmetauscherlamellen im Inneren des Turms von den
Stäuben zugesetzt wurden und es zu regelrechten Verstopfungen
kam. Um dieses Problem zu lösen, ersetzte man die
feinmaschigen Lamellen durch Bleche, die das Gas in relativ
großzügig kalibrierten Luftkanälen durch den Turm
führten. Später wurden den Heizgaszuführungen
zusätzlich Gasreinigungsanlagen vorgeschaltet, um die in die
Cowper-Türme eingetragene Staubfracht möglichst klein zu
halten. Es wird hierdurch aber deutlich, daß die
Heißlufterzeugung mit derartigen Anlagen eine gewisse
Anfälligkeit gegenüber Verschmutzungen besitzt und daher
Wartungs- bzw. Reinigungsintervalle einzuhalten sind. Auch aus
diesem Grund erklärt sich, warum es sinnvoll sein kann, mehr
als zwei Cowper-Türme zu koppeln: Man gewinnt auf diese Weise
eine Reserve, dank deren man den angeschlossenen Hochofen auch dann
weiterfahren kann, wenn einer der Türme ausfallen sollte.
|