Home
Bamberg
Wiesloch
Berlin: Wedding
Völklinger Hütte
Galerie
Seite 1
Seite 2
Seite 3
Seite 4
|
Eine der besonderen Attraktionen der Völklinger Hütte und
ein ingenieurtechnisches Meisterwerk ist der in Europa einmalige
Schrägaufzug für die Möllerloren. Der Möller
— das Gemisch aus einzuschmelzendem Eisenerz, Roheisen oder
Sinter und den für die Eisengewinnung benötigten
Zuschlagstoffen — gelangte zunächst in offenen
Eisenbahnwaggons in die Hütte, die ihre Fracht in die als
Zwischenlager dienenden Möllerbunker entleerten. Von dort
wurde der Möller in die unter der Gitterkonstruktion an
Stahlseilen fortgezogenen Loren gefüllt, die über den
Schrägaufzug 27 Höhenmeter zu überwinden hatten, um
auf das Niveau der Einfüllöffnungen der insgesamt 6
Hochöfen zu gelangen. Es handelt sich um ein dauernd
umlaufendes Transportsystem mit einer Gesamtstrecke von 5,8 km —
und nicht, wie in vielen anderen
Hütten üblich, um eine lediglich den
Höhenunterschied überwindende Aufzuganlage.
Die Abbildung zeigt eine Draufsicht auf das Strebengewirr und die
Antriebs- und Umlenkrollen des Lorentransports kurz vor dem
Schrägaufzug, dessen Beginn am linken Bildrand zu erkennen
ist.
Als Möller wurden in Völklingen ursprünglich vor
allem sogenannte Lothringer Minette-Erze verhüttet. Diese
Praxis endete jedoch 1935: Seit 1920 hatte das Saargebiet
gemäß dem Saarstatut des Versailler Vertrags eine
völkerrechtliche Sonderstellung besessen, die von intensiven
Versuchen französischer Einflußnahme
geprägt war. Frankreich war, motiviert durch seine
Sicherheitsinteressen gegenüber Deutschland, stark darum
bemüht, das Saargebiet auf seine Seite zu ziehen. Entsprechend
sorgte es dafür, daß die nach Westen hin gelegene Grenze
zu Lothringen sehr durchlässig war, während es das
Saargebiet nach Osten (also Deutschland) hin möglichst
abzuschotten versuchte.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ließ sich
dieser Versuch einer französischen Einbindung des Saargebiets
nicht mehr aufrechterhalten. Am 13. 1. 1935 entschieden sich knapp
91% der Einwohner für eine Rückeingliederung des
Saargebiets in das Deutsche Reich, die am 1. 3. 1935 vollzogen
wurde und mit der Namensänderung von Saargebiet nach
Saarland einherging.
Die Völklinger Hütte war infolge dieser politischen
Veränderung von ihrer lothringischen Rohstoffquelle
abgeschnitten. Aus dieser Notlage heraus entwickelten die
Völklinger Ingenieure neue Verfahren, um aus bisher
ungenutztem Material verhüttungsfähigen Möller zu
erzeugen. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen stand das
Sinterverfahren, bei dem feinkörniger Erzstaub zu
grobkörnigerem Material verbacken wird, mit dem sich die
Hochöfen betreiben lassen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Erzversorgung durch ein
weltweites Lieferantennetz sichergestellt. Aufgrund der sich
verändernden Weltmarktbedingungen und der Nutzung von
Reicherzen mit bis zu 70% Eisenanteil war es nun rentabler, Erze
vom anderen Ende der Welt heranzuschaffen als weiterhin die mageren
Lothringer Erze zu verhütten.
Wie bereits auf der Einstiegsseite
angesprochen, mutete die Völklinger Hütte den Menschen in
ihrer Umgebung erhebliche Belastungen zu. Hiervon blieb auch das
Leitungspersonal des Werks nicht verschont: Das Hochofenbüro,
in dem die Betriebsaufsicht ihren Sitz hatte, wurde aus Platznot
1914 zentimetergenau
unter den brüllenden und kreischenden Schrägaufzug
eingepaßt, der ununterbrochen die rund 350 Loren des
Möllertransportsystems nach oben beförderte. Ehemalige
Mitarbeiter des Büros berichten, daß in diesen
Räumlichkeiten eine telephonische Verständigung
vollkommen ausgeschlossen war.
|