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Berlin: Wedding
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Völklinger Hütte
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Zu den ganz großen Pluspunkten des Wedding gehört der
Humboldthain, einer der ersten Berliner Volksparks überhaupt,
und, wie ich finde, einer der schönsten.
Der Humboldthain entstand 1865-1875, also 30, 40 Jahre vor der
umfassenden Berliner Volksparkbewegung an der Wende zum 20.
Jahrhundert, in deren Verlauf u.a. der Schillerpark und der
Volkspark Rehberge entstanden. Die Einrichtung dieses Parks durch
den Berliner Gartenbaudirektor Gustav Meyer (nach dem die den Park
nach Süden begrenzende Straße benannt ist) hatte
primär kein städtebaulich-ästhetisches Ziel, sondern
den Charakter einer akuten Notmaßnahme zur
Aufrechterhaltung der Überlebenskräfte der
Bevölkerung: 1869 erklärte der Magistrat den Zweck des
Parks damit, der Bevölkerung "die Möglichkeit zu geben,
an dem Anblick von Gottes schöner Natur den Geist von der Noth
des Lebens zu erheben und neue Kraft und Lust zur Arbeit sich zu
gewinnen."
Die schon im Eingangskapitel
angesprochene katastrophale Wohnsituation der Weddinger
Bevölkerung im 19. Jahrhundert nahm so besorgniserregende
Ausmaße an, daß der beinahe ungezügelten
Blockbebauung eine aktive Politik zur Schaffung von
Grünflächen entgegengesetzt werden mußte, um die
physiologischen Grundbedürfnisse der Menschen nach Licht und
Luft befriedigen zu können.
Der heute in der Tat beeindruckende Anteil von
Grünflächen in der Stadt ist letztlich das Ergebnis einer
gerade eben noch gelungenen Vermeidung einer sich anbahnenden
katastrophalen Entwicklung: Während der Humboldthain (nach dem
1840 angelegten Friedrichshain) Symbol für ein ganz
allmählich erwachendes Problembewußtsein der Stadtplaner
ist, zeigt die Entwicklung der Volksparkbewegung zu Beginn des 20.
Jahrhunderts die Versäumnisse der seither verstrichenen Zeit
noch einmal deutlich auf: Um über eine hinreichend große
Zahl von Freiflächen für neu zu schaffende Parks
verfügen zu können, mußten verschiedentlich sogar
Friedhofsgelände zur Nutzung als Erholungsflächen
umgewidmet werden.
Zu den besonderen Reizen des Humboldthain gehört das
Nebeneinander von scheinbar unberührter Natur und gepflegter
Gartenkunst, die sich im Rosengarten zeigt und mit der man gerade
in einem so prosaischen Stadtbezirk nicht unbedingt rechnet.
Erstaunlich auch, daß sich an diesem friedlichen Stück
Landschaft der Vandalismus der Stadtjugend noch nicht abgearbeitet
hat - aber das ist sicher nur eine Frage der Zeit.
Bemerkenswert am Humboldthain ist schließlich noch die
Tatsache, daß er - im Gegensatz zu anderen Parks - das
Übel, dem er sich entgegenstellt, gleich in sich eingebaut
hat: Die Rede ist vom Luftschutzbunker.
Diese monströse Hinterlassenschaft des zweiten Weltkriegs
gehört zur relativ kleinen Zahl echter Großbunker, deren
Schutzfunktion sich schlicht darin zeigt, daß sie auch heute
noch an Ort und Stelle stehen: Während der Bunker am Zoo
immerhin beseitigt werden konnte, war gegen die grauen Ungeheuer im
Humboldthain und in der Pallasstraße kein Kraut gewachsen -
man wird sie nicht mehr los.
Im Humboldthain ist gewissermaßen Gras über die Sache
gewachsen: Der Baumbewuchs auf dem steil ansteigenden
aufgeschütteten Hügel rund um den Bunker versperrt die
Sicht, und in zweierlei Hinsicht profitiert der Park sogar von
seinem ungebetenen Gast: Die als einzige sich offen darbietende
Nordwand des Bunkers dient als Kletterwand für die
örtlichen Bergsteiger, und die enorme Höhe des Bauwerks
beschert dem Humboldthain eines der weitesten Panoramen, die man in
Berlin erleben kann - zum Beispiel dieses:
Der Blick geht hier nach Norden und zeigt am oberen Bildrand die
Umrisse der Wohnburgen des Märkischen Viertels in
Reinickendorf (Entfernung Luftlinie ca. 7 km).
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